Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen: Einigung der Länder wird Einhaltung der Schuldenbremse ab 2020 deutlich erleichtern
Nachdem die Ministerpräsidenten der Bundesländer sich am gestrigen Donnerstag auf eine Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen geeinigt haben, erläuterte der Niedersächsische Finanzminister Peter-Jürgen Schneider heute Einzelheiten der Einigung und ihrer Auswirkungen für Niedersachsen vor der Landespressekonferenz in Hannover.
Der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat bereits in einer ersten Stellungnahme herausgestellt, dass die Einigung einen fairen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Interessen der Länder darstelle, der die finanzielle Handlungsfähigkeit Niedersachsens in der Zukunft sichere.
Es sei gelungen, sehr unterschiedliche Interessen zu einem Ausgleich zu bringen, der kein Land schlechter stellt, als dies bei Weitergeltung der bisherigen Regelungen der Fall gewesen wäre. Zukünftig werde der Ausgleich der Finanzkraftunterschiede bei der Umsatzsteuerverteilung erfolgen. Der Länderfinanzausgleich im engeren Sinne, also die Zahlungen unter den Ländern, würde entfallen. Damit sei ein Hauptanliegen der Geberländer, insbesondere Bayerns, erfüllt. Zugleich werde mit der zukünftigen weitgehenden Verteilung der Umsatzsteuer „nach Köpfen“ Nordrhein-Westfalen wieder Geberland, wonach die dortige Landesregierung vehement gestrebt habe. Der Osten werde weiterhin besonders unterstützt und die beiden Haushaltsnotlagenländer Saarland und Bremen mit zusammen 800 Millionen Euro zusätzlich außerhalb des Ausgleichssystems entlastet.
Schwierig sei bei dieser Ausgangslage die Sicherung der Interessen der finanzschwächeren westdeutschen Flächenländer gewesen, wozu auch Niedersachsen gehört. „Wir befanden uns in allen Rechenmodellen mit großem Abstand auf dem letzten Platz, wenn man die Beträge pro Einwohner als Maßstab nimmt. Die Systemänderungen bringen zwangsläufige negative Folgen für Niedersachsen mit sich. Es ist aber gelungen aufzuschließen.“ Das Einigungsmodell würde Niedersachsen einen Zugewinn von 86 Euro pro Einwohner bringen, damit läge man unmittelbar hinter Nordrhein-Westfalen (87 Euro pro Einwohner) und Baden-Württemberg (88 Euro pro Einwohner).
Insgesamt könnte Niedersachsen mit rund 672 Millionen Euro rechnen, darin enthalten seien jedoch auch Mittel, die schon jetzt fließen, insbesondere die sogenannten „Entflechtungsmittel“ aus einer früheren Föderalismusreform. Die tatsächliche Verbesserung betrage deshalb rund 450 Millionen Euro. „Das entspräche nahezu der Nettokreditaufnahme, die wir für 2016 einplanen. Die Neuregelung wird, das kann daran abgelesen werden, die Einhaltung der Schuldenbremse ab 2020 deutlich erleichtern“, so der Finanzminister.
Vor allem zwei Elemente der Neuordnung würden Niedersachsen helfen:
So soll der Förderzins, also die Abgabe aus der Erdöl- und Gasförderung nicht mehr vollständig, sondern nur noch zu einem Drittel in das bundesweite Verteilungssystem einbezogen werden (Effekt für Niedersachsen rund 130 Millionen Euro).
Außerdem würde das Land von einer neu einzuführenden Forschungs-Bundesergänzungszuweisung profitieren (ca. 62 Millionen Euro). „Das Ergebnis lässt sich sehen. Hier haben wir gut verhandelt“, äußerte sich der Minister zufrieden.
Zu der noch ausstehenden Verständigung mit dem Bund stellte Schneider fest: „Von den vom Bund erwarteten 9,6 Milliarden Euro sind rund 6,6 Milliarden Euro zusätzlich, der Rest wird bereits jetzt gezahlt. Zugleich behält der Bund aber ab 2020 den gesamten Solidaritätszuschlag, weil die bisherigen Zahlungen an die neuen Bundesländer dann ausgelaufen sein werden. Das bringt für die Bundeskasse mindestens 18 Milliarden Euro jährlich. Die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister sollten sich deshalb nicht lange zieren und zustimmen, damit das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet und noch vor der Bundestagswahl abgeschlossen werden kann“.
Artikel-Informationen
erstellt am:
04.12.2015
zuletzt aktualisiert am:
12.10.2020