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Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen

Rede des Niedersächsischen Finanzministers Peter-Jürgen Schneider in der 944. Sitzung des Bundesrats am 22.4.2016


Es gilt das gesprochene Wort -


Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren,

seit knapp drei Wochen wissen wir und weiß die Welt von den Panama Papers. Die Enthüllungen zu den überseeischen Briefkastenfirmen sind in aller Munde und haben die Bekämpfung der Steuerhinterziehung auf der politischen Agenda wieder ganz nach vorn katapultiert. Gewiss, die Unterhaltung einer Briefkastenfirma ist für sich genommen auch nach unserem Recht ein legaler Vorgang. Die meisten Fälle sind noch fern der Klärung, erst recht natürlich der Aufarbeitung durch die jeweiligen staatlichen Stellen, und für alle Beteiligten gilt zunächst die Unschuldsvermutung.

Gleichwohl lassen die Recherchen des internationalen Journalisten-Verbundes bereits jetzt schwerlich einen anderen Schluss zu als den, dass der Transfer von Vermögenswerten in Steueroasen in zahlreichen Fällen zum Zwecke der systematischen Steuerhinterziehung oder Geldwäsche erfolgt ist. Die intensive öffentliche Diskussion, die wir derzeit um das Thema führen, zeigt, dass es nicht nur um entgangene öffentliche Einnahmen geht, die wir in unserem Bildungssystem und an vielen anderen Stellen dringend benötigen.

Es geht um Steuergerechtigkeit auf der Ebene des Vollzugs unserer Steuergesetze, es geht um das Vertrauen in die Wirksamkeit des Rechtsstaats und - letztlich und endlich - um den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und die Stabilität unseres Gemeinwesens.

Darum dürfen wir bei unseren Bemühungen, diese Form der Steuerhinterziehung zu bekämpfen, nicht nachlassen. Vermessen wäre die Vorstellung, sie alsbald ganz unterbinden zu können.

Dazu ist derzeit für zu viele Staaten außerhalb oder am Rande der internationalen Gemeinschaft offenbar die Versuchung noch allzu groß, sich Begüterten aus aller Welt als Steueroase anzudienen. Töricht wäre es aber, den Kampf wegen seiner angeblichen Aussichtslosigkeit nur halbherzig zu führen. Dazu muss man sich nur vor Augen halten, was in den letzten drei, vier Jahren alles erreicht worden und in Bewegung gekommen ist. Bei uns in Deutschland (Stichwort: Steuer-CD`s!), in Europa und weit darüber hinaus. Ferner gilt hier: Auch Teil-Erfolge sind Erfolge! Wenn es uns nämlich gelingt, immer mehr Staaten in den Informationsaustausch und in andere Kooperationen einzubeziehen, bleiben für Vermögensverlagerungen bald nur noch Standorte übrig, in denen aufgrund politischer Instabilität oder prekärer Rechtsstaatlichkeit der Verlust des Kapitals droht. Das wird viele abschrecken und zu der Erkenntnis führen, dass die Erfüllung der Steuerpflicht gegenüber dem Vermögenstransfer das kleinere Übel ist.

Meine Damen und Herren,
unser Entschließungsantrag greift den Beschluss der letzten Finanzministerkonferenz auf, den wir in einer ersten Reaktion auf die Panama Papers erfreulicherweise im 16:0-Konsens gefasst haben. Mit der heutigen Einbringung verfolgt die Niedersächsische Landesregierung die darin formulierten Ziele weiter und wirbt um eine neuerlich breite Zustimmung auch in diesem Hause. Wir wollen unser Instrumentarium sichten und im Bereich der Gesetzgebung wie auch im Arsenal des Verwaltungsvollzugs alles auf den Prüfstand stellen, was uns hilft, Steueroasen auszutrocknen, Steuerhinterziehern und Geldwäschern samt ihren Helfern das Handwerk zu legen, aggressive Steuergestaltungen zurückzudrängen und Steuerdumping zu verhindern. Dabei ist unsere Leitlinie, in der Wahl der Mittel strikt rechtsstaatlich zu bleiben und uns auf die Dinge zu konzentrieren, die uns tatsächlich weiterbringen.

Was wir für unsere Finanzämter brauchen, sind schlicht und ergreifend die Informationen über ausländische Geldanlagen und Besitzungen. Ohne Kenntnis des Vermögens und seiner Eigentümer keine Kontrolle der ordnungsgemäßen Besteuerung. Und ohne Überlassung der Datensätze aus den Panama-Papers können wir auch hier keine Konsequenzen ziehen! Dann bewahrheitet sich die alte Spruchweisheit: Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn.

Meine Damen und Herren,
wir begrüßen den Fortschritt beim Country-by-Country-Reporting unter der Ägide der OECD, das den Steuergestaltungen global tätiger Großkonzerne hoffentlich bald Grenzen ziehen wird, und fordern die Bundesregierung auf, sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass im Bereich der Briefkastenfirmen ebenfalls eine möglichst breit angelegte internationale Zusammenarbeit mit Datenaustausch etabliert wird. Der Gang über gewisse nationale Grenzen darf nicht länger zum Freibrief für Steuervermeidungen aller Varianten und Spielarten werden.

Auch die Rolle der Banken müssen wir an dieser Stelle kritisch beleuchten. Es ist nicht Aufgabe der Banken, für ihre Kunden aggressive Steuervermeidung zu betreiben. Wo sie sich gar für Steuerhinterziehungen zur Verfügung stellen, muss das auch aufsichtsrechtliche Konsequenzen haben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den niedersächsischen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Steuerstraftaten aus dem Bankenbereich aus dem Jahre 2013, den der Bundesrat zum wiederholten Male in den Bundestag eingebracht hat und der dort jetzt endlich aufgegriffen und verabschiedet werden muss.

Ferner müssen wir darüber nachdenken, wie wir unsere Betriebsprüfungsdienste für die effiziente Bekämpfung des internationalen Steuerbetrugs noch stärker wappnen und übergreifende Zusammenarbeit besser organisieren können, als das bislang der Fall ist.

Meine Damen und Herren,
es gibt also viel zu tun. Für all das benötigen wir einen langen Atem. Dieser muss übrigens auch dann noch vorhalten, wenn das Thema längst nicht mehr die Schlagzeilen beherrscht. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Artikel-Informationen

erstellt am:
25.04.2016

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